Am 27. Oktober 2024 wird das Liechtensteiner Stimmvolk über die Privatisierung von Radio Liechtenstein abstimmen. Die wichtigsten Informationen und Argumente rund um das Thema findest du in diesem Artikel.


Ein kurzer Rückblick
Radio Liechtenstein (ehemals Radio L) ist der einzige öffentlich-rechtliche Radiosender in Liechtenstein. Nächstes Jahr feiert der Sender sein 30-jähriges Bestehen, doch seit einiger Zeit hat Radio L mit erheblichen Finanzierungsproblemen zu kämpfen. Jahr für Jahr musste der Staat mit steigenden Beiträgen und Nachtragskrediten einspringen, um das Radio aus der Krise zu retten. Damit sollte nun endlich Schluss sein, und so schlug die Regierung im Mai dieses Jahres vor, den Staatsbeitrag an das Radio von 3,35 Millionen auf 3,95 Millionen Franken zu erhöhen. Nicht nur das staatliche Radio soll mehr Geld bekommen, sondern über ein angepasstes Medienfördermodell sollen auch die nicht-staatlichen Betriebe, wie z.B. das Vaduzer Medienhaus oder 1FLTV, massiv mehr Geld bekommen. Doch der Beitrag ans Radio ist aufgrund seiner Sonderstellung als staatliches Unternehmen deutlich höher als der Zustupf für die anderen Unternehmen. Mit der Erhöhung des Staatsbeitrags kommen aber auch Pflichten: So sollte unter anderem die Qualität des Senders wieder auf ein hohes Niveau gebracht werden. Diese konnte nämlich wegen des Geldmangels nur schwer aufrechterhalten werden, da es an Personal und Planbarkeit mangelte.
Der Landtag stimmte dem Antrag der Regierung im Juni 2024 zu, da das Konzept des neuen Verwaltungsrates des Liechtensteinischen Rundfunks bei den meisten Abgeordneten grosse Hoffnungen auf Innovation und Verbesserung weckte. Der neu gewählte Verwaltungsrat verspricht eine Neuausrichtung, Umstrukturierung, ein kompetentes Team und mehr regionale Inhalte. Doch die DpL (Demokraten pro Liechtenstein) konterte umgehend mit einer Initiative zur Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Für sie ist die Hoffnung bereits verloren. Man verstehe nicht, warum das Radio vom Landtag immer wieder kritisiert werde, dann aber trotzdem wieder mehr Geld gewährt werde. Der Landtag lehnt die Privatisierungsinitiative der DpL ab und so muss nun das Volk am 27. Oktober 2024 selbst über die Zukunft von Radio Liechtenstein entscheiden.
Doch egal, wie die Abstimmung ausgeht: Befürworter und Gegner der Privatisierungsinitiative im Landtag sind sich in einem Punkt einig. Beim Radio hat sich auf jeden Fall etwas getan. „Es ist ein Ruck durch die Redaktion gegangen […] Das war auch nötig. Der Landesbeitrag soll dafür eingesetzt werden, dass Liechtenstein ein professionelles Radio erhält, das Liechtensteiner Themen in den Fokus stellt“, meint Daniel Seger (Fraktionssprecher FBP).
Was spricht laut den Initianten für eine Privatisierung?
- „Fass ohne Boden“
Man hat dem Radio schon viele Chancen gegeben und trotzdem hat nie alles geklappt. Die Geschichte von Radio L ist geprägt von Nachtragskrediten, Krisen und anderen Versäumnissen. Viel staatliches Geld wird durch den Sender verschwendet, und damit soll endlich Schluss sein, lautet ein Argument. - Tiefe Hörerquoten und wenig Interesse
In einer Studie vom Liechtenstein-Institut gab weniger als ein Fünftel der Befragten an, dass sie den Radiosender täglich einschalten. Für 43 Prozent ist das Radio wichtig bzw. sehr wichtig, doch im Gegenzug hält eine Mehrheit von 46 Prozent den Sender für weniger wichtig oder gar unwichtig. - Aufhebung der Sonderstellung
Mit dem neuen Medienförderungskonzept erhält Radio L knapp über 70 Prozent der gesamten Medienförderung des Staates. Mit der Initiative soll die Sonderstellung des Senders gegenüber den anderen Medien im Land aufgehoben werden. Dadurch würde das Radio im Konkurrenzkampf stehen und müsste auch liefern, nicht so wie jetzt, wo es Defizite gemütlich mit Steuergeldern wieder ausgleichen kann, meinen die Initianten der Demokraten pro Liechtenstein (DpL). - Neuausrichtung als Ablenkungsmanöver
Um eine Chance in der kommenden Abstimmung zu haben, muss das Radio jetzt in einem guten Licht dastehen. Die versprochene Neuausrichtung ist laut den Initianten bloss ein leeres Versprechen. - Finanzieller Aspekt
Ein weiteres Argument sind die Kosten. Fast 4 Millionen Franken jährlich sind sehr viel Geld, das vielleicht besser eingesetzt werden könnte als für ein staatliches Radio.
Was spricht gegen eine Privatisierung?
- „Abschaffungsinitiative“
Die Privatisierungsinitiative wurde im Landtag auch als „Abschaffungsinitiative“ betitelt, da es keinen konkreten Käufer oder Plan gibt, wie es mit dem Radio weitergehen soll, falls die Initiative angenommen wird. Ein privates Radio von kleiner Grösse rentabel zu gestalten, ist fast unmöglich, da die Einnahmen eines Radiosenders fast ausschliesslich durch Werbung generiert werden. Das Gesetz über den Liechtensteinischen Rundfunk, durch welches das Radio Geld bekommt, ist die finanzielle Grundlage des Senders. Mit der Aufhebung dieses Gesetzes, was die Initiative vorsieht, würde das Radio fast zwangsläufig seine Türen schliessen müssen. - Monokultur in der Medienlandschaft
Durch das Wegfallen von Radio L würde die ohnehin schon karge Medienlandschaft Liechtensteins noch einfältiger. Für eine funktionierende Demokratie ist eine vielfältige Medienlandschaft sehr wichtig, da nur so sichergestellt werden kann, dass Bürgerinnen und Bürger gut und richtig informiert sind. - Neutralität
Als öffentlich-rechtlicher Radiosender hat Radio L den gesetzlichen Auftrag, ausschliesslich neutral über Themen zu berichten. Ein privates Medium hat diese Pflicht nicht. - Qualität zurückgewonnen
Nach einigen schwierigen Jahren hat sich in letzter Zeit beim Radio L viel wieder in eine gute Richtung bewegt, was unter anderem auf eine Umstrukturierung und den neuen Verwaltungsrat unter der Leitung von Jürg Bachmann zurückzuführen ist. - Finanzielle Ausstattung
Ein qualitativ gutes Medium braucht eine entsprechende finanzielle Ausstattung, ansonsten ist guter Journalismus nicht möglich. Das fehlende Geld war auch ein Grund, weshalb die Qualität des Senders über die Jahre abnahm. - Europäischer Vergleich
Jedes europäische Land hat mindestens einen staatlichen Radio- oder Fernsehsender. Durch den Wegfall von Radio L wäre dies für Liechtenstein nicht mehr der Fall.
Meine persönliche Meinung
Auch wenn ich persönlich nicht der aktivste Radio-L-Hörer bin, bin ich überzeugt, dass das Radio eine wichtige Rolle in der Medienlandschaft Liechtensteins hat. Als staatlicher Sender ist Radio L dazu verpflichtet, neutral über Themen zu berichten und die Bevölkerung über das ländliche Geschehen zu informieren. Nachdem 2023 schon das Liechtensteiner Volksblatt seine Türen schliessen musste, kann man nicht schon den Untergang des nächsten Liechtensteiner Mediums in Kauf nehmen. Wir brauchen eine gewisse Medienvielfalt im Land, und dafür braucht es auch die Unterstützung vom Land. Vier Millionen Franken sind viel Geld, aber es ist die Summe, die das Radio braucht, um guten Journalismus zu machen, und deshalb ist es mir das wert.
Quellen
- https://regierung.li/thema/16593/radio
- https://de.wikipedia.org/wiki/Radio_Liechtenstein
- https://www.nzz.ch/schweiz/wenn-die-initiative-kommt-faellt-radio-liechtenstein-ld.1823237
- https://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/rund-4-millionen-franken-pro-jahr-regierung-will-staatsbeitrag-fuer-radio-liechtenstein-erhoehen-art-565850
- https://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/im-zweifel-fuer-radio-liechtenstein-art-568675
- https://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/dpl-hat-die-unterschriften-plus-puffer-beisammen-art-572149
- https://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/landtag-lehnt-privatisierung-von-radio-l-ab-art-575448
- https://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/dpl-hat-die-unterschriften-plus-puffer-beisammen-art-572149
- https://www.dpl.li/transparent-artikel/radio-l-privatisierungsinitiative-unterschriftensammlung-noch-im-juni/
- https://www.dpl.li/transparent-artikel/radio-ljetzt-soll-das-stimmvolk-entscheiden/
- https://www.facebook.com/1FL.LI/videos/abstimmung-zur-privatisierung-von-radio-l-am-27-oktober/1221013139023966/?_rdr

Severin
Hoi ich bin Severin