Andri hat den Mut gefunden, offen über seine psychischen Herausforderungen zu sprechen. Vom Abbruch der Kochlehre bis zur erfolgreichen Ausbildung als Fachmann ÖV erzählt er von seinem Kampf mit psychosomatischen Symptomen, dem Umgang mit Antidepressiva und der Unterstützung, die er durch seine Vorgesetzten und Therapeutin erfahren hat. Sein Ziel? Das Stigma psychischer Gesundheit zu durchbrechen.
Ganz am Anfang habe ich als Koch gestartet. Die Lehre habe ich dann nach anderthalb, knapp zwei Jahren abgebrochen.
Warum hast du die Kochlehre abgebrochen?
Weil das einfach nicht das Richtige für mich war. Im August bin ich mit der Lehre als Fachmann ÖV bei Login fertig geworden und gearbeitet habe ich bei der Rhätischen Bahn. Nach der Kochlehre habe ich das erste Mal so richtig gemerkt, dass es mir körperlich nicht gut ging. Psychisch hatte ich einfach extreme Probleme, kein Selbstwertgefühl. Mir war ständig schlecht, und ich bin dann zum Arzt gegangen und habe gesagt: «Nein, das kann doch nicht sein.»
Was hat dir der Arzt dann gesagt?
Ich bilde mir das doch nicht ein. Dann hat er mir gesagt, dass es psychosomatisch sein könnte, also dass die Symptome von der Psyche kommen. Ich bin dann mal zu meiner Therapeutin gegangen, bei der ich schon als Kind wegen meiner Eltern in Therapie war. Ich erinnere mich daran, dass sie meiner Mutter sehr geholfen hat. Sie kannte unsere Vorgeschichte.
Wie hat dir die Therapeutin geholfen?
Mit ihr konnte ich eigentlich relativ gut weitermachen. Sie hat mir sehr geholfen, das hat mir sehr gutgetan.
Im Betrieb war man einfach sehr unterstützend. Ich habe das von Anfang an offen und ehrlich kommuniziert. Ich habe auch Antidepressiva genommen und das meinem Vorgesetzten erzählt. Sie waren eigentlich sehr begeistert von meinem offenen Umgang damit. Natürlich habe ich ihnen auch gesagt, dass ich vielleicht mal einen schlechten Tag habe, an dem ich weniger rede oder meine psychosomatischen Symptome spüre. Dass das nichts mit ihnen zu tun hat, sondern einfach mit mir.
Wie war der Umgang mit den Symptomen während der Arbeit?
Meistens vergeht es im Laufe des Tages oder spätestens am nächsten Tag. Sie haben auch gemerkt, wenn es mir nicht gut ging. Da haben sie gesagt: «Mach eine Pause», das hat mir sehr geholfen. Natürlich muss man aufpassen, dass es nicht überhandnimmt, aber es hat mir wirklich geholfen, dass sie das so normal behandelt haben. Das hat mir sehr Freude gemacht. Login war da sehr unterstützend und hat gezeigt, dass das ein wichtiges Thema ist.
«Ich habe gelernt, dass mein Wohl wichtiger ist, als es allen recht zu machen.» – Andrin über das Setzen von Grenzen.
Was hast du daraus gelernt?
Ich habe gemerkt, dass ich extrem dankbar bin – zum einen für Login, dass sie mir die Chance gegeben haben, die Lehre neu zu starten, und zum anderen dafür, dass ich gelernt habe, auf mich selbst zu achten. Ich setze mir Grenzen und achte darauf, dass diese nicht überschritten werden. Wenn sie überschritten werden, sage ich es sofort und verlange, dass man das respektiert. Wenn das nicht passiert, ziehe ich mich zurück.
Wie gehst du heute mit den Symptomen um?
Ich habe gelernt, dass mein Wohlbefinden wichtiger ist, als es allen recht zu machen. Wenn mich jemand verletzt, sei es auch mein bester Freund, dann spreche ich das an und versuche, ihm zu helfen, statt es in mich hineinzufressen. Viele machen den Fehler, sich selbst schlecht zu machen, wenn es ihnen schlecht geht, anstatt sich so zu behandeln, wie man einen besten Freund behandeln würde. Das hat mir sehr geholfen und hilft mir auch heute noch.
Sprichst du heute offener über deine Probleme?
Ganz am Anfang habe ich nur mit meiner Therapeutin darüber gesprochen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich die Leute damit belästige. Aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass es hilft, darüber zu reden. Es hilft nicht nur mir, sondern auch anderen Leuten, die vielleicht selbst in einer ähnlichen Situation sind. Offen darüber zu sprechen nimmt auch ein Stück weit die Hemmschwelle, die es leider immer noch gibt, wenn es um psychische Erkrankungen geht. Je mehr man darüber redet, desto mehr verschwindet das Stigma.
«Je mehr man über psychische Erkrankungen redet, desto mehr verschwindet das Stigma.» – Andrin über die Wichtigkeit, das Tabu zu brechen.