Ich bin Emanuel Elkuch, 17 Jahre alt, und meine Geschichte ist eine Achterbahnfahrt voller Höhen und Tiefen. Schon früh in meiner Kindheit habe ich gemerkt, dass ich anders bin. Im Kindergarten begann es, dass man mir Dinge nicht zutraute und sagte, ich könne dies und jenes nicht. Das gab mir jedoch immer nur den Anreiz zu beweisen, dass ich es doch kann.
«Ich habe mich mit 16 als Transgender geoutet, und es war ein langer Weg bis zur Akzeptanz.»
Emanuel
Schulische Herausforderungen und ADHS
In der Schule hatte ich es nicht leicht. ADHS erschwerte mir das Lernen und die Konzentration. Es war ein langer Weg bis zur Diagnose, und ich musste viele Tests über mich ergehen lassen. Doch diese bestätigten schliesslich, was ich schon lange wusste: Ich habe ADHS. Diese Diagnose hat mir geholfen, mich selbst besser zu verstehen und mit den Herausforderungen umzugehen.
Der Wechsel zur Privatschule
Das Gymnasium war eine besonders schwere Zeit für mich. Corona, der Tod meiner Cousine und die schulischen Anforderungen wurden zu viel. Die Schule war nicht unterstützend, und ich fühlte mich verloren. Glücklicherweise fand ich in der Timeout-Schule eine Zuflucht. Die kleine Klassengrösse und die persönliche Betreuung gaben mir den Halt, den ich brauchte.
Mein Coming-out als Transgender
Mit 16 habe ich mich als Transgender geoutet. Der Weg war nicht einfach, aber meine beste Freundin und die Schule haben mich unterstützt. Besonders die Lehrer haben mir geholfen, indem sie mich sofort korrekt ansprachen und meine Identität respektierten. Meine Familie hatte es schwerer, besonders meine Mutter, aber sie hat mich letztlich akzeptiert und unterstützt.
Der lange Weg zur Geschlechtsangleichung
Die bürokratischen Hürden zur Geschlechtsangleichung sind enorm. Obwohl die Krankenkasse einiges übernimmt, sind viele Kosten mit der Namensänderung und den Operationen verbunden. Mit Hilfe von Crowdfunding konnte ich einen Teil dieser Kosten decken und meinem Ziel näherkommen. Die psychische Belastung ist gross, aber ich bin entschlossen, diesen Weg zu gehen.
Die Zukunft im Blick
Ich freue mich auf die Zukunft. Bald werde ich 18 und kann wichtige Schritte auf meinem Weg abschliessen. Die Unterstützung von Freunden, Familie und der Schule gibt mir Kraft. Mein Ziel ist es, anderen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Niemand sollte sich falsch oder komisch fühlen, nur weil er anders ist.
Das ganze Interview lesen
Hoi miteinander und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von «25 unter 25». Heute darf ich Emanuel recht herzlich bei uns begrüssen. Emanuel ist 17 Jahre alt und besucht die Privatschule Formatio in Triesen. Emanuel ist heute das zweite Mal für eine Podcast-Episode bei uns. Seinen ersten Podcast hat er mit Tanja zu unserem Pride-Special zum Thema Alltagsdiskriminierung aufgenommen. Er ist bis heute einer der meistgehörte Podcast von uns. Danke vielmals, dass du heute nochmal hier bist. Immer gerne. Wir werden gleich mit unserem kleinen Auflockerungsspiel beginnen. Du darfst dir da gerade 3 Kärtchen ziehen.
Die erste Frage: Wer oder welche Kritik trifft dich am meisten?
Eher wenn man so sagt: Du kannst das nicht. Also, es trifft mich jetzt nicht so persönlich, aber es gibt nur so einen Anreiz, um zu sagen: Denkst du wirklich? Ja, cool, ich mache es, weil ich habe am Anfang sehr, sehr viele Schwierigkeiten gehabt. Mit Lesen, mit Radfahren, mit Schreiben, weil ich habe halt viel nicht verstanden, wenn man es mir ganz normal erklärt hat. Ich habe extrem Probleme gehabt und man hat mir dann halt lange gesagt: Ach, komm, das kannst du ja eh nicht. Und dann habe ich einfach gesagt: Leck mir am Arsch! Ich mach es einfach nur, um sie zu nerven. Also, es gibt mir immer so einen Anreiz. Es trifft mich aber nicht oder so.
Nochmal so richtig zu sagen: Ja. Die zweite Frage ist: Was ist aktuell deine grösste Herausforderung?
Mit Schule und vor allem so psychischer Gesundheit, weil bei mir ist sehr viel am Laufen zurzeit, auch mit Klinikaufenthalt, mit Prüfungen. Und ich kann nur sagen: Ich bin froh über meine Schule. Ich sage, du hast die Noten. Man konnte auch gar nicht einfach freistellen, auch während des Klinikaufenthalts. So, es ist immer noch schwierig, weil man muss aus dem Bett kommen, man muss auch noch in die Schule. Man muss es trotzdem mitmachen und vor allem, wenn es dann Stunden sind, wo man nur zuhören muss, eine halbe Stunde lang, man verzweifelt fast.
Denn die dritte Frage, die du dir ausgewählt hast, ist: Hast du ein Jahr, an das du dich gerne erinnerst?
Boah, das ist schwer. Wahrscheinlich das letzte Jahr, einfach weil ich mich da geoutet habe und dort habe ich meinen Freund kennengelernt. Es ist alles ist ein bisschen besser geworden, weil die letzten Jahre mit Corona nicht die besten waren.
Super, danke vielmals für deine Antworten. Dann tue ich jetzt gleich mit meinen Fragen weiter. Ich weiss von dir, dass du zuerst im Gymnasium in die Schule gegangen bist und mittlerweile in der Formatio in Triesen bist. Kannst du uns über den Weg erzählen, wieso du die Schule gewechselt hast?
Also, ich bin ins Gymnasium und ich war damals schon recht angeschlagen, vor allem psychisch. Und genau in jedem Jahr kam Corona. Meine Cousine ist gestorben und es ist mir nachher alles zu viel geworden, vor allem weil damals Teams nur kompletter Mist war. Man musste jedes Mal aktualisieren, um zu schauen, ob eine Aufgabe gekommen ist. Manchmal sind auch keine Aufgaben gekommen, wo die anderen Aufgaben gekriegt haben. Und das Gymnasium ist dafür bekannt: Es interessiert keinen, ob du das jetzt hast oder nicht. Und dann bin ich während Corona ins Timeout gekommen, weil sie ein Angebot hatten, wo man hingehen konnte. Jetzt sind die Aufgaben da und sie haben mit dir geschaut. Dann nachher: Sie sehen, es bleibt doch bitte, weil sie gemerkt haben, mir geht es im Gymnasium nicht gut. Und wir haben dann die Optionen angeschaut. Die Formatio ist halt die einzige Schule im Liechtenstein, wo ich wirklich hingehen konnte. Sonst hätte ich in die Schweiz oder Österreich müssen und habe gesagt: Nein, ich bleibe hier, danke.
Wie hast du die Timeout empfunden? Hat es dir weitergeholfen? Hast du eine gute Anlaufstelle gefunden?
Also, die Timeout ist bis jetzt eigentlich die beste Schule, eine der besten Schulen, wo ich gewesen bin, weil sie sind einfach sehr persönlich. Natürlich, sie haben höchstens 8 Schüler in der ganzen Schule. Das geht natürlich viel besser. Und ich muss jetzt sagen, Formatio hat ein sehr ähnliches Konzept, aber trotzdem: Timeout hat mir schon geholfen. Es kommt natürlich auch immer darauf an, welche anderen Leute dort sind. Und ich habe natürlich auch einen sehr guten Betreuer gehabt. Es gab auch Elterngespräche, wo alle Eltern zusammengekommen sind mit den Schülern und man hat Sachen besprochen. Es war immer richtig lustig für uns, weil wir halt als Gruppe sehr gut harmoniert haben. Es war einfach immer selbstverständlich, dass man Respekt hat und sich gegenseitig hilft.
Du bist jetzt vor längerem schon mit ADHS diagnostiziert worden. Wie ist es, wie ist der Weg gegangen bis zu dieser Diagnose? Was hat es dort alles gebraucht, dass du nachher eigentlich wie auf einem Blatt Papier gestanden hast: Okay, ich habe ADHS?
Also, es war ein sehr, sehr langer Weg, weil man hat es bei mir eigentlich schon im Kindergarten gemerkt. Damals hat man schon gemerkt, irgendetwas passt halt nicht. Dann bin ich halt auch in die Vorschule und irgendwann bin ich in die JWG gegangen, weil mir es einfach nicht gut ging. Dann haben wir dort geklagt: Okay, was ist das? Warum habe ich das? Und man ist zuerst auf Autismus gegangen, weil es hat sehr viele Parallelen da. Nein, irgendwie passt das nicht ganz. Ich habe definitiv Züge, aber es passt nicht. Und meine jetzige Psychiaterin hat dann gesagt: Okay, wir machen mal einen ADHS-Test, einfach nur um sicher zu sein, weil ich hatte halt sehr viele Anzeichen davon. Und dann habe ich einen Test machen müssen, der wirklich 2 Stunden geht. Ich bin wie bei allen Tests gefühlt in einer Stunde fertig gewesen und es ist dann auf dem Blatt hinausgekommen: Definitiv, du hast ADHS wie die Sau.
Wie läuft so ein Test ab? Was hast du dort machen müssen?
Also, es sind ganz verschiedene Tests. Der, den ich am meisten mochte, ist so, du hast wie 8 Kärtchen und du musst sie je in 2 Gruppen einteilen und eh so viele wie möglich zum Beispiel von den Buchstaben oder es ist auch Wetter, es ist auch Gefühl, so Zeug. Und es sind immer die gleichen Karten gewesen. Du musst so viele einteilen, wie möglich. Es war der beste Test. All die anderen waren einfach anstrengend oder es hat auch so einen Reaktionstest gehabt, wo man geschaut hat: Wie lange kannst du das und hat man schauen müssen: Verändert sich der Ton? Musst du mit links drücken. Verändert sich das Bild? Musst du mit rechts drücken. Habe ich komplett versagt, weil ADHS so nicht geht. Und es hat recht viele solche Tests gehabt, wie lange kann man das, wie gut kann man das oder was hat man für Tics, so Stimmingsachen eigentlich.
Magst du kurz noch Stimming erklären für die, die es nicht wissen, was es ist?
Also, das Ding ist eigentlich, wenn man entweder unterreizt ist oder überreizt, zum Beispiel, wenn man sich eine Weile nicht bewegt, muss man irgendwie etwas machen oder auch Tics sind dafür da. Man merkt vielleicht bei manchen Leuten, dass sie schnipsen oder mit dem Stift spielen. Das ist eigentlich Stimmen. Das macht jeder ein bisschen, nur bei ADHS ist es noch ausgeprägter
Wie erlebst du die Krankheit also?
Ich merk es vor allem mit Konzentration und Überstimmen. Ich mag es am Abend, wenn ich im Bett liege und auf einmal tut mein Fuss oder so weh, einfach weil ich mich genug bewegt habe. Und es ist 1 Uhr nachts und das sind nur Symptome oder auch im Unterricht. Ich komme tanzend ins Klassenzimmer, einfach weil ich das gerade brauche. Oder vor während Tests bin ich auf einmal am Summen und mich bewegen. Meine Klasse hat sich jetzt langsam daran gewöhnt, weil sie einfach wissen: Okay, ich habe einen Knall. Aber ich merke es ja manchmal einfach so. Ich habe ein bisschen Hyperaktivität, aber mehr im Kopf, was sehr viele Leute sagen: Ach, du hast doch ADHS, du bist doch nicht hyperaktiv. So, es ist ein sehr grosses Vorurteil. Aber wenn man wirklich genauer schaut, bin ich hyperaktiv einfach mit kleineren Sachen und meine Konzentration ist halt einfach am Arsch.
Wenn du jetzt gerade die Konzentration ansprichst, wie ist es schulisch für dich? Wie ist es für dich dann, wenn du jetzt einen Tag von 8 Uhr bis um 5 hast, wie ist es für dich zum dort sitzen und bist eigentlich gezwungen, konzentriert zu sein?
Also, ich habe das Glück, dass ich relativ gut in der Schule bin und zum Beispiel in Englisch: Okay, du kannst das schon, du darfst etwas anderes machen oder es gibt weitere Aufgaben. Ich habe das Glück, dass ich in einer guten Schule bin und dann kann ich wirklich zum Lehrer sagen: Du, ich habe gerade keine Lust und dann geben sie mir andere Aufgaben, weil sie schauen wirklich, dass ich immer etwas zum Tun habe. Dann geben sie mir halt eine Aufgabe, wo ich wirklich komplett überfordert damit bin, einfach damit ich etwas zu tun habe.
Mit 16 hast du dich als Transgender geoutet. Wie hat dein Umfeld darauf reagiert? So Familie, Freunde und vor allem?
Also, ich habe mich als allererstes meiner besten Kollegin geoutet. Sie war sehr, sehr offen und sie war direkt: Komm, ich habe nur, ich habe einmal so eine Phase gehabt, wo ich mich nicht wohlgefühlt habe. Da ist ein Binder, da sind Kleider, da sind Hosen, da ist ein Parfüm, das männlich riecht, weil sie hat es dann einfach nur gebraucht. Und ich habe mich dann natürlich auch geoutet und sie haben es sehr gut aufgenommen. Ich bin wirklich eine halbe Stunde lang mit der Lehrerin in der Bibliothek gesessen und habe nur geredet über das Thema. Sie war aber direkt am Schluss so: Möchtest du es den Lehrern sagen oder soll ich es? Sie hat es dann ihrer Lehrkonferenz nochmal angesprochen. Die Lehrer nennen mich so, alles ist so. Meine Emails sind geändert, im Zeugnis leider noch nicht, aber bald, bald im September. Und es ist einfach sehr gut aufgenommen. Ich kann jetzt auf das männliche Klo gehen. Es ist nicht das angenehmste und es ist dann einfach, sie sind sehr, sehr offen. Sie sagen noch, wenn etwas ist, du sagen kannst und dann regelst du das. Die Familie, meine Mama, also meine Mama ist immer noch mehr darüber. Sie kommt mehr zu den Arztterminen, zu den Therapeutenterminen und sie probiert es mit dem Namen. Es ist noch ein bisschen ein Kampf, aber sie checkt, wenn jemand über Emanuel redet, redet man über mich. Und sie hat mich ja immer relativ neutral erzogen und hat auch gesagt, du bist mein Kind, du bist nicht meine Tochter oder mein Sohn, du bist mein Kind.
Ja, also der Rest von meiner Familie war, es ist nicht so ganz, es ist nicht immer so, manchmal so, manchmal so, aber sie sind relativ offen. Mein Mama hat halt einfach Mühe, weil sie hat halt 16 Jahre lang eine Tochter gehabt, die manchmal sehr feminin aufgetreten ist. Und dann ist es schwerer, wenn man auf einmal kommt: Du, ich bin ein Junge. Weil für uns selber ist es natürlich ein jahrelanger Prozess, den man durchmacht, aber für Elternteile ist es auf einmal so: Warum? Was?
Du bist jetzt seit einem Jahr offiziell eigentlich geoutet. Was ist seitdem passiert, um der Geschlechtsänderung näherzukommen?
Also, ich bin im Kantonsspital St. Gallen, weil sie haben eine Stelle dafür, wo sie mit Hormontherapie regeln, wo nicht nur für Transmenschen ist. Aber es sind recht viele dort. Man hat es gesehen, wo ich gegangen bin. Und ich bin jetzt sehr nahe dran. Meine OP habe ich eventuell im Oktober. Meine Namensänderung kann ich im September machen, weil ich dann 18 werde. Und ich habe schon alle Dokumente, die ich brauche, ausser eines, das zweieinhalb Seiten lang ist, was extrem ist. Und ich kann die Hormontherapie eigentlich auch im September dann gut anfangen.
Du hast jetzt gerade gesagt, du hast alle Papiere und alles. Was braucht es dort alles?
Also, es ist jetzt einfacher als vor einem halben Jahr oder ein paar Monaten, weil das Flay ist mit dem VMR hingegangen ist und gesagt hat: Das geht nicht, was da ist. Vorher hat man vielleicht nach Zürich gehen müssen, eventuell einen Nachweis bringen müssen, dass man wirklich ein Jahr in Therapie gegangen ist und nur gesagt hat: Ja, ich bin trans, weil die meisten Leute schon in Therapie sind seit Jahren. Und jetzt ist es so, es ist nicht mehr so Liechtensteiner Therapeuten an, aber man muss 2,5 Seiten bringen. Ich habe es nicht genau angeschaut, was man schreiben muss, aber meine Therapeutin hat gesagt: Es ist so ein Blödsinn, schau das erst gar nicht an. Ich schreibe das und gut ist. Und sie sagen: Oh, zweieinhalb Seiten, es ist einfach zu viel, weil es sind so viele persönliche Daten, die dort aufgeführt werden und niemand hat Lust, zweieinhalb Seiten zu schreiben und zu lesen. Wenn sie einen Zettel schreiben: Ja, diese Person ist trans, dann ist es ja die Person ist trans, weil das sind Therapeuten, die machen das den ganzen Tag.
Für alle, die es nicht wissen, der VMR, den du jetzt vorher angesprochen hast, ist der Verein für Menschenrechte hier im Liechtenstein. So eine Geschlechtsänderung hat da sehr viel mit Geld zu tun, leider. Und ich weiss von dir, dass du GoFundMe, also Crowdfunding, eröffnet hast und voll offiziell eigentlich der ganzen Welt offengelegt hast: Hey, schaut, ich bin ein Transmann und ich möchte gerne eine Geschlechtsänderung vornehmen. Wie hast du dich dazu entschieden, das so offiziell zu machen?
Also, wenn man mich sieht, merkt man, ich bin trans. Ich muss meinen Rucksack dabei haben und jetzt sehen die Leute schon: Okay, diese Person ist trans, vielleicht an den Buttons dran oder an meinem Handy sieht man es sicher, weil für mich war es einfach immer ein bisschen sinnvoll, es zu machen, um das Verstecken. Klar, ich habe manche Momente mit queerfeindlichen Menschen gehabt, da ist es ein Glück, einfach zu sagen: Ach, ich habe meine Pubertät noch nicht gehabt, was eigentlich auch stimmt, aber es macht für mich keinen Sinn, mich sonst zu verstecken, weil man hört meine Stimme, man sieht meinen Körper. Wow, ich bin nicht wirklich ein Mann und alle nennen mich Emanuel und sprechen mich mit “er” an und dann sind Leute halt manchmal verwirrt und ich sage: Ach, ich bin trans. Und die meisten sind so: Ah, okay, darum. Es macht nicht wirklich Sinn. Und weil ich eben Hilfe brauche, habe ich einfach gesagt, ich muss das jetzt fast tun. Ich brauche 4’000 Franken, 3’000 nur für die OP zum Glück. Zum Glück zahlt die Krankenkasse den grössten Teil, also Hormontherapie ist bezahlt und wirklich Brustentfernung-OP ist auch bezahlt, nur das Fettabsaugen, das man braucht, damit es keine komischen Klumpen gibt, das zahlen sie nicht, weil sie es als Schönheitsoperation ansehen.
Für die Namensänderung kommt ja auch noch was finanziell dazu. Möchtest du dort nochmal kurz erklären, was dort alles verlangt wird und was das kostet?
Also, es kostet um die 1’000 Franken. Man rechnet normalerweise mit 600, aber in unserem Land rechne ich mit 1’000, weil man muss natürlich das Büro rechnen, man muss einen therapeutischen Bericht von der Krankenkasse bezahlt bekommen, aber man muss das ganze Bürokratische zahlen. Man muss Kärtchen ändern, es kostet ja nochmal Geld. Die ID ändern kostet noch mehr Geld. Man muss sich überall melden. Neue Kärtchen kosten nochmal Geld. Es ist eigentlich alles so ein Aufwand, wo man sich denkt: Ich muss das machen und man bleibt einfach auf den Kosten sitzen.
Es ist ja eigentlich furchtbar, dass es so viel Geld kostet. Nicht jeder hat einfach mal so dieses Geld, die 1’000 Franken, auf der Seite für einen Buchstaben und einen kleinen Namen. So viel Geld verlangen, das macht nicht so viel Sinn. Du wirst jetzt im September 18 und du hast dich vor einem Jahr geoutet. Auf all diesen offiziellen Dokumenten steht ja immer noch dein Dead Name. Für alle, die es nicht wissen, der Dead Name ist der Name, mit dem Emanuel auf die Welt gekommen ist und lange noch angesprochen wurde. Wie fühlt sich das für dich an oder wie nehmen es andere Leute auf, wenn du jetzt deinen Ausweis zeigst oder irgendetwas? Gibt es dort so Situationen, wo du uns jetzt vielleicht gerade erklären könntest?
Es gibt schon Situationen, wo ich meinen Ausweis zeige, aber jemand redet mit mir und nennt mich Manu oder halt Emanuel. Und dann sind Leute: Da steht aber ein anderer Name. Und ich bin so: Manchmal sage ich, es ist ein Insider oder ich sage einfach: Ich bin trans. Und die meisten sagen: Ah, okay, danke.
Eigentlich normalerweise sollte es ja nicht so sein, dass du dich vor jedem Menschen immer outen musst. Eigentlich wäre es ja schön, wenn es einfach angenommen wird. Und darum ist es ja auch so furchtbar, dass du erst mit 18 all diese Wege einleiten kannst. Gibt es da keine Möglichkeit, dass man es davor machen kann?
Also, man kann es davor machen, ausser mit Einverständnis der Eltern. Ich bin eben mit 17 mit dem Thema angefangen und es war so: Okay, du musst das Einverständnis von deiner Mama haben und kannst warten, bis du 18 bist. Und dann ist es alles so ein bisschen, weil ich in deinem Alter bin, weil sie sind so: Man kann dich nicht zu Kindertherapeuten schicken. Man kann dich auch nicht zur Erwachsenentherapeuten schicken. Man musste komplett was machen und ich habe gesagt: Ich warte bis 18, es ist mir egal. Und es ist normal, wenn man queer ist. Man muss sich konstant outen, wenn ich irgendwo bin. Ich bin halt queer und die Leute sagen: Ach, du bist schwul, weil ich über meinen Freund rede. Und ich bin so: Nein, bin ich nicht. So, es ist eigentlich ein konstantes Outing, weil es nicht einfach selbstverständlich ist. Also, man muss sich ja auch nicht als hetero outen, wenn man sagt: Ach, meine Frau oder so. Ich finde es immer so: Was interessiert es dich, was ich in meinem Bett mache?
Wenn du 18 geworden bist, was sind die ersten Schritte, die du durchziehen möchtest? Was sind dort alles für Schritte, die man machen muss, dass man dann schlussendlich voll und ganz die Geschlechtsänderung durchgenommen hat?
Also, es sind sehr viele Operationen. Für oben ist es nur eine Operation mit ewig langer Erholungszeit. Für den Intimbereich sind es jetzt bei Transmännern 3 Operationen. Es ist brutal, finde ich. Und dazwischeh ist auch noch eine Erholungszeit. Man muss lernen, neu zu pinkeln und das ganze. Und man muss natürlich sehr oft zum Doktor, auch während der Hormontherapie. Ich mache es jetzt so, dass ich alle 3 Monate eine Spritze bekomme und man muss immer wieder schauen: Stimmt es jetzt, stimmt es nicht, muss man erhöhen, muss man tiefer gehen. Es ist etwa konstant, dass man einfach nur zum Doktor rennen muss. So, man denkt sich: Ich will doch einfach nur leben und existieren, aber man muss dauerhaft zum Doktor.
Und die Hormontherapie machst du dich dann alle 3 Monate lang das Leben?
Es muss man leider das Leben lang machen. Manche Leute haben das Glück, dass sie dann anfangen, selbst Testosteron zu produzieren, aber es ist so selten. Man kann wirklich darauf hoffen.
Was ist so jetzt mal ungefähr gesehen, wenn du anfängst mit einer Geschlechteränderung, wann ist alles verheilt? Von was reden wir da? Von Monaten? Von Jahren?
Also, eher von Jahren, weil ich mache es jetzt im Oktober. Habe ich erstmal 8 Wochen, darf ich nichts mehr machen, dann muss ich nochmals eventuell zur Korrektur, wenn die Narben komisch verheilt sind, dann muss ich nochmal warten, dann muss ich nochmal eine Kompression anlegen und für die untere Operation ist es noch länger. Also, es sind schon wirklich Jahre, bis man alles hat. Bei Transfrauen ist es noch länger, weil es ja natürlich manchmal noch Schönheits-OPs gibt, um femininer zu wirken. Ich habe das Glück, dass jetzt immer Hormone, weil ich kann einfach sagen: Ja, bin noch spät in die Pubertät gekommen, danke.
Es macht natürlich viel mit der Psyche und du hast ja vorher auch schon erwähnt gehabt, dass du schon viel mit der mentalen Gesundheit zu kämpfen gehabt hast. Was sind dort für Schritte, die du jetzt vielleicht proaktiv schon unternimmst, dass es dir nachher einfacher geht? Weil gerade wenn du sagst, so lange Heilungszeit, dann wirst du nicht viel machen können, wirst wahrscheinlich zu Hause hocken. Gibt es dort schon Schritte, die du unternimmst, um zu sagen: Das mache ich jetzt, damit es mir nachher vielleicht besser geht oder nicht ganz so schlimm wird?
Also, ich habe es mit der Schule so abgeklärt. Ich gehe für 3 Monate in die Klinik und sie haben gesagt: Okay, wir stellen dich von allen Fächern frei, ausser, wo du mal mitmachen möchtest. Also, ich muss komplett nichts mehr machen eigentlich, was ich sehr anstrengend finde, weil ich brauche etwas zu machen. Das hab ich auch in der Erholungszeit. Ich brauche etwas zu machen und ich muss einfach schauen, dass ich etwas habe, wo ich vielleicht meine Arme wirklich benutzen muss, dass ich etwas habe, wo ich mit den Beinen machen kann, weil ich muss mich immer noch bewegen. Ich würde sonst Gewicht verlieren. Und man verliert dann einfach Gewicht und ich habe einen Plan gefunden. Okay, ich stricke dann. Ich schaue mir Serien an, weil ich brauche etwas zu tun. Man muss auch schauen: Okay, wer wechselt mit dem Verband? Weil es kann nicht einfach jeder machen. Es ist sehr heikel, es muss die Spitex kommen oder die Familienhilfe muss mir natürlich helfen beim Anziehen, weil ich darf nur noch übergrosse Hemden anlegen. Ich brauche manchmal Hilfe zum aufs Klo gehen, weil ich nicht aufstehen kann. Es ist einfach alles sehr komplex und es ist natürlich mit der Psyche. Ich gehe jetzt seit 4 Jahren schon in die Therapie, weil es mir schon immer schlecht ging, wahrscheinlich auch wegen dem Trans-Thema, weil es zehrt an allem. Vor allem als Kind, weil ich habe es halt mit 9 Jahren schon angefangen zu merken und es zehrt an allem, vor allem, wenn man nicht weiss, was habe ich, bin ich einfach komisch? Darum ist mir Aufklärung auch wichtig, dass sich niemand mehr so fühlt: Okay, ich bin einfach komisch. Ich bin einfach falsch. Und es ist halt natürlich. Ich bin jetzt in der Therapie, um damit umgehen zu können, weil es ist viel.
Gibt es Sachen, die du dir jetzt zum Beispiel vom Land Liechtenstein wünschen würdest, dass der Schritt, den du jetzt gerade machst, für Leute wie dich einfacher gemacht wird, dass es eben nicht ganz so stark an der Psyche zehrt?
Es ist natürlich schon die frühe Aufklärung. Es gibt natürlich viele Leutearten, die Kinder noch mehr trans machen wollen. So funktioniert das nicht wirklich, weil wenn man aufklärt, gibt es vielleicht sogar weniger Transkinder. Klingt jetzt nicht schön um zu sagen, ich wünsche es niemandem, aber ich wünsche es niemandem. Es ist schlimm und einfach Kräfte zehrend, aber es ist halt so. Und eben, man braucht viel mehr Aufklärung. Das Flay ist jetzt dran, um mehr Aufklärung zu machen mit dem GOwest, vor allem in Schulen, weil man kann sehr viel queerfeindliche Schulen hat bei uns im Land. Und es ist auch, ich finde, man braucht es einfach schon in der Primarschule oder dass man im Kindergarten einfach Bücher hat, wo das thematisiert wird, weil es gibt Kinder, die schon merken, dass sie nicht so sind. Das ist trans zum Beispiel. Mein Schatten ist pink. Da geht es einfach darum, dass ein Junge sein Schatten pink ist, während alle anderen Buben und Männer einen blauen Schatten haben. Und er ist einfach so: Okay, dann ist es halt so. Dann mag ich das halt. Und es ist einfach Aufklärung, die extrem wichtig ist, weil ich habe bis 11 nicht gewusst, was das ist und ich habe alles selber herausfinden müssen und ich habe erst mit 15 Jahren herausgefunden: Okay, das ist normal, das gibt es halt einfach.
Danke viel, viel, vielmals, dass du so offen und ehrlich über das Thema redest und dass du auch als 17-jähriger junger Mann da stehst und sagst: Hey, schau, das ist meine Geschichte. Ich möchte mit dieser Geschichte andere Leute unterstützen und anderen Leuten ein bisschen Mut geben, zum Sagen: Hey, ihr seid nicht alleine. Ich finde es extrem wichtig, dass solche Sachen passieren und darum freue ich mich extrem, dass du heute nochmal da bist und dass wir darüber reden können, auch über das ADHS. Das sind Sachen, über die einfach zu wenig geredet wird und ja, danke vielmals. Ich hoffe, dir hat es Spass gemacht, hier zu sein und darüber zu reden.
Ja, auch bei allen Zuhörern möchte ich mich recht herzlich bedanken fürs Zuhören. Wir werden noch mit ganz vielen anderen Leuten aus Liechtenstein reden, die unterschiedlichste Geschichten aus ihrem Leben erzählen werden. Und ja, folgt uns auf Spotify und auf Instagram. Ihr findet uns auf Instagram unter @aha_liechtenstein und ich freue mich auf das nächste Mal. Tschüss miteinander.