Hallo zusammen, ich bin Janina Frick, 24 Jahre alt und momentan Praktikantin bei einer Bank. Heute möchte ich meine Geschichte mit euch teilen – eine Geschichte über Herausforderungen, Mut und den Weg zurück zu einem normalen Leben. Das Thema, über das ich sprechen möchte, betrifft viele Menschen, bleibt aber oft im Verborgenen: Magersucht.
Ich habe erkannt, dass es schön ist, eine Frau zu sein.
Diese neue Perspektive half Janina ihren Körper zu akzeptieren und den letzten Schritt zur Heilung zu gehen.
Das Gespräch
Magersucht, auch Anorexia nervosa genannt, ist eine ernsthafte psychische Erkrankung. Menschen wie ich haben eine extreme Angst vor Gewichtszunahme und ein verzerrtes Körperbild. Diese Angst führte bei mir dazu, dass ich mein Essen auf das absolut Mindeste beschränkt habe, was zu einem gefährlich tiefen Körpergewicht führte. Heute möchte ich mit euch meine Erfahrungen teilen, von den Anfängen der Krankheit über die Herausforderungen, denen ich mich stellen musste, und was mir auf dem Weg zur Besserung geholfen hat.
Ich hoffe, dass meine Geschichte Bewusstsein für die Komplexität von Essstörungen schafft und zeigt, dass Heilung möglich ist. Es gibt viele da draussen, die ähnliche Erfahrungen durchmachen, und ich möchte sie ermutigen, sich Hilfe zu holen und nicht aufzugeben.
Meine ersten Anzeichen der Magersucht traten in der Pubertät auf. Mit etwa 13 Jahren begann ich, immer strenger mit mir selbst zu werden und mir Regeln zu setzen. Zum Beispiel musste ich mindestens drei Stunden am Tag draussen sein und durfte keinen Fernseher mehr schauen. Diese Regeln wurden mit der Zeit immer strenger und führten dazu, dass ich mein Essen stark einschränkte. Zuerst liess ich Fett weg, dann Kohlenhydrate, bis ich schliesslich nur noch eine Apfelschnitzel, eine Nuss und eine Salzstange am Tag ass – wenn überhaupt.
Es war schwierig für mein Umfeld, damit umzugehen. Sie wussten nicht, wie sie mir helfen konnten und haben mich schließlich darauf angesprochen. Zuerst haben sie hinter meinem Rücken geredet, bevor sie den Mut fanden, mich direkt anzusprechen. Für mich war das ein Schock, weil ich mir alles schön geredet hatte. Ich begann zu lügen und sagte zuhause, dass ich in der Schule gegessen hätte, und in der Schule, dass ich zuhause gegessen hätte. Ich wurde sehr kreativ darin, mein Problem zu verheimlichen.
Mit der Zeit wurde mein Zustand so kritisch, dass meine Eltern beschlossen, mich zum Hausarzt zu bringen. Er überwies mich an eine Psychologin, und gemeinsam schlossen wir einen Vertrag, der beinhaltete, dass ich jede Woche 300 bis 500 Gramm zunehmen sollte. Ich konnte mich aber nicht daran halten, und es wurde so schlimm, dass ich schliesslich ins Krankenhaus musste.
Im Kinderspital in St. Gallen kam ich auf die Psychosomatik-Abteilung, wo ich mit anderen Mädchen mit Essstörungen untergebracht war. Wir hatten eine strukturierte Tagesroutine mit sechs Mahlzeiten, Therapie und Schulunterricht. Es war eine schwierige Zeit, besonders die ersten Wochen, in denen ich mich fühlte, als wäre ich in einem Mastbetrieb. Aber mit der Zeit wurde das Krankenhaus zu meinem Zuhause, und ich lernte viel über mich selbst und meine Krankheit.
Die Zeit im Krankenhaus half mir, aber der Weg zur vollständigen Heilung war lang. Nach dem Krankenhaus dauerte es noch einige Jahre, bis ich wirklich gesund wurde. Es war ein ständiger Kampf, aber ich habe gelernt, dass der Schlüssel zur Heilung darin liegt, nicht mehr gegen die Krankheit zu kämpfen, sondern sie zu akzeptieren und zu verstehen, was dahintersteckt.
Vor drei Jahren habe ich mich zum ersten Mal verliebt, und das hat mir geholfen, mich selbst und meinen Körper auf eine neue Weise zu akzeptieren. Ich habe erkannt, dass es schön ist, eine Frau zu sein, und dass Heilung möglich ist. Heute kann ich sagen, dass ich frei bin von den Gedanken, die sich ständig um Essen drehen. Ich habe wieder Energie für andere Dinge im Leben und fühle mich endlich frei.
Wenn du ähnliche Gedanken hast oder mit Essstörungen kämpfst, möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein. Suche dir Hilfe, sprich mit Menschen in deinem Umfeld oder einem Hausarzt. Wenn du lieber anonym bleiben möchtest, gibt es auch Organisationen wie Pro Juventute, bei denen du dich melden kannst. Heilung ist möglich, und du musst diesen Weg nicht alleine gehen.
Das mutigste, dass du je in deinem Leben gemacht hast.
Mich auf die Heilung der Essstörung eingelassen zu haben und meine Gefühle für jemanden ausgesprochen zu haben, obwohl ich wusste, dass die Liebe unerwidert bleibt
Eine Situation, bei der du heute anderst entscheiden würdest.
Bereuen tue ich nichts; es hat alles einen Grund und man kann immerhin daraus lernen/wachsen. Aber klar gibt es kleine Situationen im Alltag, bei denen ich mich anders entscheiden hätte sollen.
Weitere Informationen auf aha.li
Über mich
Ich bin Amy Kalberer und mache derzeit mein Praktikum im aha.