Michael Schädler ist seit 2022 Präsident des Jugendrats Liechtensteins. In seiner Amtszeit hat er bereits viel umgesetzt: Die Marke Jugendrat bekam ein neues Design, es wurden Veranstaltungskonzepte wie die Jugendrat-Arena und die IBK-Jugendsession entwickelt, und aktive Partnerschaften mit der Regierung sowie mit Unicef aufgebaut.
Politisches Interesse – mehr als nur eine Minderheit
Michael wurde in seiner Klassensprecher-Zeit politisiert und für den Jugendrat begeistert. Der damalige Präsident Brian holte ihn mit ins Boot. Heute ist er sich bewusst, welche Hürden noch überwunden werden müssen, damit mehr junge Menschen am politischen Leben teilnehmen. Trotz der allgemeinen Wahrnehmung, dass sich viele nicht für politische Themen interessieren, gibt er zu bedenken, dass eine bedeutende Anzahl von ihnen Interesse hat. Nach der Jugendstudie des Liechtenstein-Instituts sind es ungefähr die Hälfte. Michael glaubt fest daran, dass es wichtig ist, diese jungen Menschen zu mobilisieren, ihnen die Relevanz politischer Themen zu verdeutlichen und ihnen politische Mitsprache einzuräumen. Seine umfassenden Fähigkeiten und sein Organisationstalent sind entscheidend für seine Rolle als Präsident des Jugendrats. Er sieht sich dabei als Teil eines Teams, in dem jede:r seinen Beitrag leistet, was es ermöglicht, zahlreiche Projekte und Veranstaltungen zu realisieren, die sich mit den Anliegen der Jugend beschäftigen.
Er initiierte in der Zwischenzeit beispielsweise die IBK-Jugendsession mit der liechtensteinischen Regierung und arbeitet nun an einer Geschäftsstelle für den Jugendrat. Neben seinem politischen Engagement hat er eine Lehre als Informatiker sowie die BMS Liechtenstein mit der Bestnote 5.8 im Vollzeit-Jahrgang abgeschlossen. Derzeit studiert er Digital Business Management an der Fachhochschule Graubünden. Ein weiterer Höhepunkt in seinem Werdegang war der Jugendprojektwettbewerb, den er mit seinem Projekt «Bookspread» national und interregional gewann. Mit diesem innovativen Ansatz möchte er jungen Autor:innen den Weg zum Verlag erleichtern, indem er eine Plattform bietet, auf der sie ihre Manuskripte direkt an Verlage senden können. Sein Ziel ist es, die Geschäftsmodelle sowie deren Vermarktung für Projekte wie «Bookspread» zu vertiefen und die gesellschaftlichen und unternehmerischen Herausforderungen der digitalen Welt besser zu verstehen.
Auf Nachfrage der Podcast-Moderatorin Amy entgegnet er, dass er sich in Zukunft eine Landtags-Kandidatur einmal vorstellen kann: «In der Schweiz sind es bei den Nationalratswahlen über 5000 Kandidierende – in Liechtenstein stehen die Chancen dabei verhältnismässig gut.» Eine Position in der Regierung eher nicht: «Eine Führungsposition mit über 1000 Angestellten in der liechtensteinischen Landesverwaltung trägt sehr grosse Verantwortung.»
«Ich diskutiere und debattiere gerne und organisiere gerne, und darum passt es einfach zu mir.»
Michael Schädler über seine Motivation für den Jugendrat.
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Wann hat sich deine Meinung zu einem Thema das letzte Mal geändert?
Michael Schädler: Ich passe meine Meinung immer wieder an, aber eine wirklich grundlegende Veränderung hatte ich schon lange nicht mehr. Der grösste Meinungswechsel fand wohl zwischen 15 und 18 Jahren statt. Es ist schwierig, ein präzises Beispiel zu finden, da es nicht oft vorkommt, dass ich meine Sichtweise radikal ändere.
Was war dein bisher grösster Erfolg?
Das war der Jugendprojektwettbewerb mit unserem Projekt «Bookspread». Das hat sich als grosser Erfolg angefühlt, besonders weil wir den interregionalen Wettbewerb gewonnen haben, was wir nie erwartet hatten.
Was ist «Bookspread»?
Das ist ein Projekt, das darauf abzielt, jungen Menschen zu helfen, ihre Bücher zu veröffentlichen. Viele möchten ein Buch schreiben, finden aber keinen Verlag oder haben Schwierigkeiten, mit diesem in Kontakt zu treten. Wir haben eine digitale Plattform erstellt, auf der alle Verlage aufgelistet sind, damit die Nutzer:innen direkt ihre Manuskripte über die Plattform durch einen intelligenten Einsendungs-Algorithmus einreichen können.
Wie ist der aktuelle Stand des Projekts?
Die Webseite ist online und wird genutzt. Allerdings haben wir es bisher nicht geschafft, sie ausreichend bekannt zu machen und genügend Verlage zu begeistern, diese in ihren Alltag zu integrieren. Ich habe gemerkt, dass das Marketing eine zentrale Herausforderung für «Bookspread» ist. Das möchte ich im Studium vertiefen, um zu lernen, wie man ein Produkt erfolgreich an die Menschen bringt und es bestmöglich auf ihre Bedürfnisse abstimmt.
Wie kam es, dass du dich im Jugendrat engagierst?
Ich bin durch «jubel» in den Jugendrat gekommen. Dort traf ich Brian, der mich für den Jugendrat begeisterte.
Was sind deine Aufgaben als Präsident des Jugendrats?
Ich leite die Sitzungen, organisiere und kümmere mich um die Finanzen. Ich bin derjenige, der das Ganze koordiniert.
Man hört oft, dass sich junge Leute nicht für Politik interessieren. Wie siehst du das?
Laut der Jugendbefragung des Liechtenstein-Instituts sagen 45 Prozent, dass sie sich nicht oder eher nicht interessieren. Oft liegt das daran, dass sie sich auf Karriere und Studium konzentrieren oder reisen möchten und somit andere Prioritäten haben. Deshalb ist es wichtig, Barrieren abzubauen und deutlich zu machen, dass Politik genau für die jungen Menschen relevant ist, da ihre Entscheidungen uns umso mehr betreffen.
Du machst viel ehrenamtliche Arbeit, schreibst gute Noten und studierst. Wie schaffst du das alles?
Das meiste ist Teamarbeit. Bei «Bookspread» waren wir vier Leute, beim Jugendrat sind wir sechs im Vorstand. Ich kann Aufgaben verteilen, was mir viel hilft. Ausserdem nutze ich das Paretoprinzip: 80 Prozent der Arbeit ist in 20 Prozent der Zeit möglich, da die restlichen 20 Prozent wiederum 80 Prozent der Arbeit benötigen.
Hast du Pläne, längere Zeit im Ausland zu verbringen?
Ich könnte es mir für beispielsweise ein Studienjahr vorstellen, aber nicht für längere Zeit. Dabei habe ich zwei Regionen im Blick: die Schweiz, insbesondere Städte wie Luzern und Bern, sowie den Norden, wie Stockholm und Dänemark. Langfristig sehe ich mich in Liechtenstein.
Ich habe eine Umfrage, die ich allen Podcast-Gästen schicke. Die Aussage lautet «Liechtenstein ist mein Traumland». Wie bewertest du diese Aussage?
Für mich persönlich wäre Liechtenstein mit einem Badesee im Oberland und einem Jugendparlament, das von jungen Menschen gewählt und somit legitimiert ist, eine glatte 10/10. Allgemein schätze ich mich glücklich, hier auf die Welt gekommen zu sein. Ich spreche allgemein gut über Liechtenstein, aber Kritik ist immer nötig. Deshalb wünsche ich mir, dass wir offener für neue Ideen sind und mehr Abstimmungskämpfe führen, die sich auf sorgfältig abgewogene Sachargumente konzentrieren.