Wie wir uns vor Radikalisierung schützen können

Im Zuge des Vorsitzes Liechtensteins im Europarat wurde am Samstag eine bedeutende Veranstaltung abgehalten, bei der Dr. Julia Ebner, eine angesehene Forscherin im Bereich des Extremismus, zu Wort kam. Dr. Ebner, die sich seit einem Jahrzehnt intensiv mit den Themen Extremismus und Radikalisierung auseinandersetzt und dabei auch verdeckt in Gruppen mit rechtsextremen, islamistischen und verschwörungstheoretischen Ausrichtungen ermittelt hat, teilte ihre Besorgnis über die wachsende Radikalisierung in der Gesellschaft mit. Sie betonte, dass potenziell jeder Mensch unter gewissen Umständen für radikale Einflüsse anfällig sein kann.

Die Forscherin äusserte besondere Sorge darüber, dass immer häufiger Menschen aus der allgemeinen Bevölkerung zu Gewalttaten neigen, wie es beispielsweise beim Angriff auf das Kapitol in den USA im Jahr 2021 zu beobachten war. Diese Entwicklung sei nicht auf die USA beschränkt, sondern finde weltweit in ähnlicher Form statt, wie der versuchte Sturm auf den Reichstag in Berlin zeigt.

Kombinationskrise

Als einen Hauptgrund für diese Entwicklung identifiziert Ebner eine „Kombinationskrise“, die aus der Pandemie, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und kriegerischen Konflikten besteht. In solchen Krisenzeiten seien Menschen besonders anfällig für Verschwörungstheorien und Hass gegenüber Minderheiten. Die Situation werde besonders brisant, wenn Individuen ihre persönliche Identität vollständig mit der einer Gruppe verschmelzen und bereit sind, sich für diese Gruppe zu opfern – wenn nötig, auch mit Gewalt.

Dr. Ebner hebt hervor, dass insbesondere rechte Gruppierungen Themen wie Transgender-Rechte, Feminismus oder den Klimawandel nutzen, um Radikalisierungsprozesse zu fördern. Vor allem junge Männer fühlten sich durch diese Themen bedroht und seien somit anfällig für radikale Ideologien. Antifeminismus diene dabei oft als Einstiegspunkt, um Menschen gegen fortschrittliche und liberale Bewegungen zu mobilisieren.

Die Extremismusforscherin rief dazu auf, wachsam zu bleiben und der zunehmenden Polarisierung und damit einhergehenden Radikalisierung der Gesellschaft aktiv entgegenzuwirken. Sie betonte die Bedeutung eines offenen und faktenbasierten Dialogs als Mittel, um der gefährlichen Spaltung entgegenzuwirken und die Gesellschaft zusammenzuhalten.

In einer Zeit, in der von Pandemie bis Politik alles ein bisschen kopfsteht, zeigte sie auf, dass die Gefahr der Radikalisierung heute nicht nur an den Rändern der Gesellschaft lauert, sondern überall dort, wo wir online sind.

Mit Beispielen aus ihrer Forschung und persönlichen Erfahrungen skizzierte Dr. Ebner ein Bild davon, wie besonders junge Leute online beeinflusst werden können, unterstrich die Rolle von Verschwörungstheorien und betonte, wie wichtig es ist, kritisch zu bleiben und die Medienkompetenz zu stärken. Der Kern ihrer Botschaft: Wir müssen alle ein bisschen aufpassen, was wir im Netz glauben, um uns und unsere Gesellschaft vor Fehlinformationen und Extremismus zu schützen. Dieser Artikel bietet einen Einblick in die wichtigsten Punkte des Vortrags und lädt dazu ein, darüber nachzudenken, wie wir das Internet bewusster nutzen können.

Im heutigen digitalen Zeitalter sind wir alle ständig online und scrollen durch unzählige Beiträge und Nachrichten. Doch manchmal ist es schwer zu erkennen, welche Informationen echt sind und welche uns vielleicht in eine gefährliche Richtung lenken könnten. Julia Ebner, eine Expertin auf dem Gebiet der Radikalisierung, hat in ihrem Vortrag wichtige Einblicke gegeben, wie gerade junge Leute im Internet beeinflusst werden können. Hier ist, was wir daraus lernen können:

Bewusstsein im eigenen Kreis schaffen

Es beginnt alles mit einem Bewusstsein dafür, was Radikalisierung eigentlich bedeutet. Radikalisierung ist nicht nur ein Problem „der Anderen“ – es kann in jedem Umfeld passieren, sogar in unserem eigenen Freundeskreis. Es geht darum, extreme Ansichten zu übernehmen, die oft gegen bestimmte Gruppen von Menschen gerichtet sind. Das kann durch Fehlinformationen, Verschwörungstheorien oder die ständige Konfrontation mit nur einer Seite der Geschichte passieren.

Die Rolle von Verschwörungstheorien

Verschwörungstheorien spielen eine grosse Rolle in der Radikalisierung. Sie bieten einfache Antworten auf komplexe Fragen und schaffen ein „Wir gegen Sie“-Gefühl. Besonders in Krisenzeiten, wie während der Klimakrise oder sozialen Unruhen, finden diese Theorien leichter Anklang. Julia Ebner erklärt, dass gerade in solchen Zeiten junge Menschen, besonders junge, weisse Männer, anfällig für radikale Ideen sein können, die ihnen einfache Lösungen für ihre Ängste und Unsicherheiten bieten.

Was wir tun können

  1. Informiert bleiben: Wissen ist Macht. Indem wir uns aus verschiedenen Quellen informieren, können wir ein breiteres Verständnis für Themen entwickeln und sind weniger anfällig für Verschwörungstheorien.
  2. Kritisch denken: Nicht alles, was online geteilt wird, ist wahr. Wir sollten lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen, bevor wir sie weiterverbreiten.
  3. Offene Gespräche führen: Redet mit Freunden und Familie über das, was ihr online seht. Ein offener Austausch über verschiedene Perspektiven kann helfen, Fehlinformationen zu entlarven und ein tieferes Verständnis für komplexe Themen zu entwickeln.
  4. Emotionen erkennen: Viele radikale Botschaften spielen mit unseren Ängsten und Wutgefühlen. Indem wir unsere Emotionen erkennen und hinterfragen, warum ein Beitrag diese Gefühle in uns weckt, können wir bewusster mit solchen Inhalten umgehen.
  5. Unterstützung suchen: Fühlt ihr euch überwältigt von dem, was ihr online seht, oder sorgt euch um einen Freund? Es gibt viele Beratungsstellen und Angebote, die unterstützen können.

Manchmal ist es auch wichtig, eine Pause von den sozialen Medien zu machen. Ein „Social Detox“ kann uns helfen, Abstand zu gewinnen und unsere eigene psychische Gesundheit zu schützen. Es gibt uns Raum, über das nachzudenken, was wir online konsumieren, und unsere eigene Meinung fernab von Likes und Trends zu bilden.

Fazit

Der Vortrag von Julia Ebner zeigt, wie wichtig es ist, dass wir alle ein Bewusstsein für die Mechanismen der Radikalisierung entwickeln. Indem wir lernen, kritisch zu denken und offen zu diskutieren, können wir uns und unsere Freunde vor den gefährlichen Einflüssen schützen, die im Internet lauern. Es geht darum, gemeinsam stark zu stehen und eine Community zu bilden, die informiert, kritisch und resilient ist.

Buchtipps

Dr. Julia Ebner, eine österreichische Forscherin, Autorin und politische Beraterin, hat mehrere Bücher geschrieben, die sich mit den Themen Radikalisierung, Extremismus und Terrorismus auseinandersetzen. Hier eine kurze Zusammenfassung ihrer wichtigsten Werke:

  1. „Going Mainstream: Wie Extremisten die Überhand gewinnen“: Ebner untersucht, wie radikale Ideen zunehmend in die Politik, die Populärkultur und unseren Alltag eindringen. Gruppen wie Incels, Anti-Vaxxer, Verschwörungstheoretiker und Neo-Nazis, die einst am Rand der politischen Landschaft standen, beeinflussen nun die Gesellschaft stärker denn je. Das Buch basiert auf verdeckten Untersuchungen und bietet Einblicke in die Methoden, mit denen radikalisierte Individuen den Mainstream beeinflussen, indem sie alternative Informationsökosysteme schaffen und komplexe Netzwerke aufbauen.
  2. „WUT: Der Teufelskreis des islamistischen und rechtsradikalen Extremismus“: Dieses Buch erkundet die Wechselwirkungen zwischen dem ’neuen‘ rechten und islamistischen Extremismus und deren Folgen für die globale Terrorbedrohung. Ebner argumentiert, dass die Narrative beider Seiten sich perfekt ergänzen, was zu einer Spirale des Hasses führt, die sie als „The Rage“ bezeichnet. Sie untersucht extremistische Bewegungen sowohl online als auch offline und zeigt, wie sie in den Echo-Kammern des anderen erfolgreich durchdringen.
  3. „Going Dark: Die geheimen sozialen Leben der Extremisten“: In diesem Buch geht Ebner undercover, um verschiedene extremistische Gruppen aus dem gesamten ideologischen Spektrum zu infiltrieren. Sie beschreibt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse, die sie während ihrer Zeit in diesen Gruppen gesammelt hat, und bietet einen tiefen Einblick in deren Denkweisen und Ideologien. Ebner zeigt, wie eng Extremismus unseren Alltag umgibt und welche Massnahmen ergriffen werden, um ihm entgegenzuwirken.

Ebner verwendet ihre Bücher nicht nur, um die Mechanismen und die Verbreitung von Extremismus aufzudecken, sondern auch, um Strategien und Lösungen vorzuschlagen, wie Gesellschaften diesen Herausforderungen begegnen können. Ihre Arbeiten sind sowohl für Politikberater:innen als auch für ein breites Publikum von grossem Interesse, da sie dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedrohungen durch Radikalisierung zu schärfen und mögliche Gegenmassnahmen aufzuzeigen.

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